- Orientalistik
- Ori|en|ta|lịs|tik 〈f.; -; unz.〉 Wissenschaft von den orientalischen Sprachen u. Kulturen
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Ori|en|ta|lịs|tik, die; -:Wissenschaft von den orientalischen Sprachen u. Kulturen.* * *
Ori|entalịstikdie, -, die Wissenschaft von den orientalischen Sprachen und Kulturen, heute auch als Asien- und (Nord-)Afrika-Wissenschaften bezeichnet. Sie gliedert sich in folgende Einzeldisziplinen: Ägyptologie, Altorientalistik (u. a. mit Assyriologie, Hethitologie, Sumerologie, Ugaritologie), Semitistik, Hebraistik (u. a. einschließlich Aramaistik), Arabistik, Islamwissenschaft, Wissenschaft vom christlichen Orient (einschließlich Äthiopistik, Syrologie), Iranistik, Indologie und Tibetologie (einschließlich Buddhismus- und Hinduismusforschung, auch der Indogermanistik), Turkologie, Mongolistik und uralaltaische Sprachen (auch Zentralasienwissenschaften genannt), Sinologie, Japanologie, Südostasienwissenschaften (einschließlich Wissenschaften von den Sprachen und Kulturen Austronesiens) und Afrikanistik.Die Orientalistik geht in ihren Anfängen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als nach der Konfrontation des christlich-lateinischen Abendlandes mit dem islamisch-arabischen Orient (Kreuzzüge, Normannen in Unteritalien, Reconquista in Spanien) im Westen eine rege Übersetzertätigkeit einsetzte (arabische Wissenschaft), der auch die Renaissance wichtige Impulse verdankt. Kirchliche Missionsarbeit und Unionsverhandlungen mit den christlichen Bruderkirchen im Orient (Konzil von Vienne, 1311-12) förderten die Einrichtung von Lehrstellen für Griechisch, Hebräisch, Chaldäisch (Syrisch) und Arabisch an Universitäten. Humanismus (Sprachstudium), Reformation (Bibelübersetzung M. Luthers) und Handel (nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien 1498) verstärkten das Interesse an den orientalischen Sprachen beträchtlich. Der Klerus richtete zur Unterstützung der katholischen Mission in Rom 1584 das »Collegium Maroniticum« und 1622 die »Congregatio de Propaganda Fide« ein. Ludwig XIV. eröffnete in Paris 1700 für Dolmetscher die »École des Jeunes de langue«. In der Folge der Türkenkriege wurde Wien zu einem Zentrum für die Beschäftigung mit orientalischen Sprachen, v. a. dem Türkischen, und der islamischen Kultur (erste Lehrkanzel an der Universität 1674). Die Publikationstätigkeit von J. von Hammer-Purgstall und seiner Wiener Schüler und Kollegen übte nachhaltigen Einfluss auf das literarische Interesse für den Orient aus, u. a. auf Goethe, A. von Platen und F. Rückert. Mit der Leipziger philologisch-historischen Schule (H. L. Fleischer) emanzipierte sich die Orientalistik endgültig von der Bibelwissenschaft, in deren Rahmen sie jahrhundertelang betrieben worden war. Bedeutenden Aufschwung brachte die Entzifferung der assyrischen Keilschrift (seit 1802) und der altägyptischen Hieroglyphen (seit 1822), die zur Voraussetzung für die Erschließung versunkener Kulturen und der Entwicklung der Archäologie wurde. Auch die Forschungs- und Entdeckungsreisen europäischer Gelehrter trugen mit ihren exakten Beschreibungen und reichhaltigen Sammlungen viel zur Kenntnis orientalischer Völker, ihrer Sprachen und Kulturen bei und schufen zum Teil überhaupt erst die Grundlagen für die wissenschaftliche Arbeit. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die Orientalistik durch die politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen in allen Bereichen erhebliche Ausweitung erfahren.Ausbildungsstättenund Forschungsschwerpunkte: An jeder deutschsprachigen Universität sind mehrere orientalistische Einzeldisziplinen vertreten, an größeren in eigenen Fachbereichen »Orientalistik« oder »Außereuropäische Sprachen und Kulturen« zusammengefasst. Das in Berlin 1887 gegründete »Seminar für Orientalische Sprachen« (seit 1936 Auslandswissenschaftliche Fakultät, 1945 erloschen) wurde 1959 in Bonn in kleinem Rahmen zum praktischen Erlernen orientalischer Sprachen (Arabisch, Türkisch, Chinesisch, Japanisch) einschließlich Länderkunde wieder gegründet; ähnliche Institute, z. B. in Germersheim und Bochum, auch für bestimmte Regionen, wie das Südasien-Institut in Heidelberg, wurden errichtet. Das 1961 in Beirut eröffnete »Orient-Institut« der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft dient der Forschung. Die Arbeit des »Deutschen Orient-Instituts« in Hamburg ist politischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen und Problemen der Gegenwart gewidmet, eine Reihe von Instituten des Deutschen Archäologischen Instituts der Erforschung der Kulturen des Alten und islamischen Orients. In Österreich wurde die Wiener Orientalische Akademie (gegründet 1754) 1962 wieder gegründet. Ausbildungsstätten von internationalem Rang sind: in Paris die »École nationale des langues orientales vivantes« (gegründet 1795) sowie in London die »School of Oriental and African Studies« (gegründet 1906). Ähnliche Institute bestehen u. a. in Moskau (seit 1921) und Sankt Petersburg (seit 1930).Das orientalistische Wissenschaftsgebiet ist materialreich und bisher wenig differenziert. Im Vordergrund steht die Grundlagenforschung auf philologischer Basis. Sie umfasst Literatur- und Sprachwissenschaft, Religion, Geschichte, Recht, Medizin, Mathematik, Astronomie, Geographie, Ethnographie, Kunst u. a.; gegenwartsbezogene Forschung ist eng mit politologischen und soziologischen Fragestellungen verbunden.G. Dugat: Histoire des orientalistes de l'Europe du XIIe au XIXe siècle, 2 Bde. (Paris 1868-70);Hb. der O., hg. v. B. Spuler u. a., auf zahlr. Bde. ber. (Leiden 1952 ff.);J. D. Pearson: Oriental and Asian bibliography (London 1966);* * *
Ori|en|ta|lịs|tik, die; -: Wissenschaft von den orientalischen Sprachen u. Kulturen.
Universal-Lexikon. 2012.